Der umstrittene " Bundestrojaner ", eine Spionagesoftware für polizeiliche Ermittlungen, ist zum Einsatz bereit. Die technischen Test und rechtlichen Prüfungen der Software seien abgeschlossen, wie das Bundesinnenministerium mitteilte.
Kurz vor der offiziellen Freigabe hatten das Bundeskriminalamt als auch das Bundesinnenministerium dem "Deutschlandfunk" bestätigt, dass der Bundestrojaner möglicherweise noch in dieser Woche die nötige Freigabe erteilt bekomme. Die notwendigen Tests und die Prüfung durch die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff seien abgeschlossen. Damit könnte das "Ermittlungsinstrument", das ursprünglich im Herbst 2015 einsatzbereit sein sollte, nun angewendet werden.
Die Behörden wollen die Spionagesoftware für die "Quellen-Telekommunikationsüberwachung" nutzen. Dazu späht der Bundestrojaner die Kommunikation auf Computern oder Smartphones aus. Dabei geht es darum, die Kommunikation abzufangen, bevor diese für den Versand verschlüsselt wird. Nur so können die Ermittler die Inhalte überhaupt mitlesen oder mithören.
Richter stellen hohe Hürden für den Einsatz auf
Der Einsatz von Staatstrojanern ist in Deutschland umstritten. Im Februar 2008 urteilte das Bundesverfassungsgericht , dass die Überwachungs-Software nur verwendet werden darf, wenn der Schutz persönlicher Daten gewährleistet ist und konkrete Gefahren für hohe Rechtsgüter bestehen – etwa bei Mord, Terroranschlägen oder Geiselnahmen. Zudem dürfen diese Methoden nur mit vorheriger richterlicher Anordnung Anwendung finden.
Chaos Computer Club kritisiert
Während die Richter vorgeben, dass der Bundestrojaner ausschließlich Telekommunikationsvorgänge erfassen und übertragen darf, halten das die Experten von Chaos Computer Club (CCC) für nicht möglich. Frank Rieger, Sprecher des CCC, erklärt dem Deutschlandfunk: "Die prinzipielle Unterscheidung zwischen einem Trojaner , der nur Kommunikation ausleiten soll und einem, der generell auch zum Beispiel zur Raumüberwachung geeignet ist, ist nicht zu treffen."
Der CCC hatte bereits 2011 einen Staatstrojaner analysiert, den die bayerische Polizei einsetzte. Das Ergebnis: Die richterlich geforderte Beschränkung wurde nicht erfüllt, die Software bot einen viel weitreichenderen Zugang zu diversen Daten und Informationen auf dem betroffenen Computer.
Grüne sind gegen die Spionagesoftware
Konstantin von Notz , der stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen , lehnt den Einsatz eines Bundestrojaners komplett ab. In einem Rechtsstaat könne der Zweck nicht die Mittel heiligen, egal wie groß das Fahndungsinteresse sei. Es sei die Aufgabe des Staates, technische Sicherheitslücken zu schließen, statt sie auszunutzen.
Zudem bezweifelt er, ob der Einsatz des jetzt entwickelten Bundestrojaners mit dem Grundgesetz im Einklang steht. "Bisherige Programme konnten die extrem hohen rechtlichen Hürden des Bundesverfassungsgerichts nicht einhalten", sagte von Notz. Eine Prüfung sei bisher nicht möglich gewesen, da die zuständigen Firmen den Einblick in den Quellcode verwehrten.
CCC-Sprecher Rieger befürchtet, dass eine solche technische Vorgehensweise nicht nur Anfällig für Fehler sei, beispielsweise indem falsche Computer unschuldiger Bürger ausgespäht würden. Er warnt davor, dass bewusst offen gehaltene Sicherheitslücken nicht nur von Ermittlern, sondern auch Geheimdiensten und Online-Kriminellen ausgenutzt werden. Damit nicht genug, der Staat könne vielleicht sogar gezwungen sein, das Wissen über neue Sicherheitslücken über illegale Kanäle zu beschaffen und sich damit auf einem Schwarzmarkt zu engagieren.
Kritik an Kooperation mit einer Software-Firma
Auf Kritik stößt auch, dass das BKA die Spionagesoftware nicht ausschließlich alleine entwickelt. Zusätzlich kooperiert die Behörde mit der deutsch-britischen Firma Elaman/Gamma mit Sitz in München. Das Unternehmen programmiert ebenfalls eine Software zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung namens "Fin Fisher". Sie soll auf die Bedürfnisse der Behörde angepasst werden. Kanadische Forscher hatten die Software auch in repressiven Staaten wie Saudi-Arabien, Bahrain oder Äthiopien entdeckt.
So funktioniert der Bundestrojaner.
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